Wie leicht passiert es im Alltag, in der Familie, unter Kollegen oder Freunden, dass wir uns beleidigt fühlen. Manchmal merkt es der andere gar nicht, ein anderes mal war es vielleicht volle Absicht. So eine innerliche Verletzung kann sich zu einem großen Problem auswachsen, wenn sie nicht behandelt wird. Besonders in der Gemeinde müssen wir immer wieder üben, von Herzen zu vergeben. Es darf nicht sein, dass über die Zeit eine bittere Wurzel aufwächst und die Gemeinschaft mit anderen und mit Gott stört.
So zieht nun an als die Auserwählten Gottes, als die Heiligen und Geliebten, herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld; und ertrage einer den andern und vergebt euch untereinander, wenn jemand Klage hat gegen den andern; wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr!
Wie der Herr uns vergeben hat
Die Bibel sagt, dass Jesus Christus für uns gestorben ist als wir noch Sünder waren (Römer 5:8).
Was heißt es also zu vergeben, wie der Herr uns vergeben hat? Auf jeden Fall heißt es völlig vergeben und vergessen. Das aber nicht erst dann, wenn der andere sich bei dir entschuldigt hat. Warte nicht auf eine Entschuldigung, bevor du vergibst. Jesus ist für uns gestorben, als wir noch Sünder waren.
Wie sollten wir, die wir eine so große Vergebung von Gott empfangen haben, jemandem nicht vergeben?
Das Gleichnis vom unbarmherzigen Knecht
In Matthäus 18:21-35 erzählt Jesus das Gleichnis vom unbarmherzigen Knecht. Zuvor hatte Petrus ihn gefragt, wie oft er seinem Bruder vergeben müsse.
In diesem Gleichnis hat ein Knecht sehr hohe Schulden, die er nicht bezahlen kann. Deshalb wird er vor den König gebracht, der seine Frau und Kinder in die Sklaverei verkaufen will. Als er dies hört, fällt er auf seine Knie und bittet um Aufschub. Als der König das sieht, ist er innerlich bewegt. Diesen Ausdruck “innerlich bewegt” finden wir an mehreren Stellen des Matthäus-Evangeliums, z.B. 9:36, 14:14, 15:32. Jedes mal geht es darum, dass Jesus Menschen sieht, die Krankheiten haben, Hunger leiden oder zerschunden sind, wie Schafe ohne Hirten. Genau so ergeht es dem König im Gleichnis, er ist innerlich bewegt als er den hochverschuldeten Knecht sieht, der seine Schuld nicht bezahlen kann. Dies ist auch ein deutlicher Hinweis darauf, wer dieser König wirklich ist. Der König im Gleichnis entscheidet sich, seinem Knecht zu vergeben. Er erlässt ihm einfach seine gesamte Schuld.
Kurz darauf trifft dieser Knecht einen anderen Knecht, der ihm einen vergleichsweise geringen Betrag schuldet, und fordert ihn auf, ihm die Schuld zu bezahlen. Doch auch dieser Knecht kann seine Schuld nicht sofort begleichen und bittet ebenfalls um Aufschub. Jedoch will der Knecht, dem so viel vergeben wurde, selbst nicht vergeben. Er lässt seinen Mitknecht ins Gefängnis werfen. Weitere Knechte sehen es und berichten dem König, was geschehen ist. Daraufhin lässt der König den ersten Knecht, dem er alle Schuld vergeben hatte, auch ins Gefängnis werfen.
Dieses Gleichnis zeigt uns, dass Gott von uns erwartet, dass wir vergeben. Es geht nicht, dass wir, die wir eine so große Vergebung empfangen haben, anderen ihre Schuld beibehalten. Gott war innerlich bewegt als er unseren Schuldenberg (Sünden) sah und sandte seinen Sohn, um für uns zu bezahlen. Wie können wir da noch unser Herz verhärten und anderen die Schuld zurechnen?
Der Knecht, der nicht vergeben wollte, bekam sogar eine Strafe. Diese ist zeitlich begrenzt, bis er bezahlt hat, aber dennoch ist es eine Strafe. So ist es auch bei uns Gläubigen. Wenn wir nicht vergeben können, wird Gott uns erziehen müssen.
Zum König gehen
Ein weiterer wichtiger Punkt im Gleichnis ist das Verhalten der Knechte, die mitbekommen, wie ihr Mitknecht nicht vergeben will. Sie gehen direkt zum König. Sie erzählen nicht herum, was sie gesehen haben. Auch das ist für uns ein wichtiges Prinzip: Geh zu erst zu Jesus mit den Problemen, die du mitbekommst und erzähle sie nicht herum.